Neurofeedback, das auch als EEG-Biofeedback bekannt ist, beschäftigt sich mit der Erfassung, Rückmeldung und Beeinflussung der Gehirnaktivität.
Eigentlich ist es eine Subkategorie des Biofeedback (auch hier geht es ja um die Beeinflussung körpereigener Vorgänge), historisch hat es sich aber eingebürgert, Neurofeedback zu sagen. Dies liegt einerseits an thematischen, andererseits an Anwendungsfelder bezogenen Unterschieden.
Beim EEG-Neurofeedback wird die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen und dem Nutzer in einer verständlichen Form präsentiert. Ziel ist es, dem Individuum zu ermöglichen, Einfluss auf seine eigenen Gehirnwellenmuster zu nehmen und dadurch bestimmte mentale Zustände zu erreichen oder zu verbessern.
Eine kurze Geschichtsstunde (dürfen Sie aber auslassen)
Die Wurzeln des Neurofeedbacks lassen sich bis in die frühen 1920er Jahre zurückverfolgen, als das EEG erstmals von Hans Berger, einem deutschen Psychiater, entdeckt wurde. Bergers Arbeit war revolutionär, da sie zeigte, dass es möglich ist, die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen und aufzuzeichnen.
In den 1960er Jahren wurden wesentliche Fortschritte erzielt, insbesondere durch die Forschungen von Joe Kamiya an der University of California, San Francisco. Kamiya demonstrierte, dass Personen lernen können, ihre Alpha-Gehirnwellen (damit verbunden sind Zustände der Entspannung) durch Feedback zu kontrollieren. Seine Experimente bildeten die Grundlage für das, was wir heute als Neurofeedback kennen.
In den 1970er Jahren führte die Arbeit von Barry Sterman an der UCLA zu einem weiteren bedeutenden Durchbruch. Sterman entdeckte, dass Katzen, die trainiert wurden, ihre sensorimotorischen Rhythmen (SMR) zu erhöhen, einen erhöhten Widerstand gegen induzierte Krampfanfälle zeigten. Diese Entdeckung führte dazu, dass Neurofeedback als mögliche Behandlung für Epilepsie erforscht wurde und ist eigentlich in meinen Augen die Geburtsstunde des klinischen Neurofeedback.
Dadurch, dass die Medizintechnik sich in den letzten Jahrzehnten so massiv weiterentwickelt hat, konnte sich auch das Equipment für Neurofeedback wesentlich vereinfachen und ver kostengünstigen (wenn Sie auf dieser Seite sind, müssen Sie damit leben, dass ich Begriffe erfinde).
In meinen Augen ca. seit dem Jahr 2010 würde ich fast von einem Neurofeedback-Boom sprechen, welcher aber natürlich durch den generellen “Neuro-Boom” gefördert wurde. Es wurden wirklich viele Studien publiziert und dadurch, haben wir eine ziemlich gute Datenlage für verschiedenste Indikation Bilder wie arunter die Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Angst, Depression und Schlafstörungen sowie zur Verbesserung der kognitiven Funktion und sportlichen Leistung.
Neurophysiologische Grundlagen von Neurofeedback
Gehirnwellen und ihre Bedeutung
Neurofeedback basiert auf der Beobachtung und Modulation von Gehirnwellen, den elektrischen Impulsen, die von Neuronen im Gehirn erzeugt werden. Diese Wellen variieren in Frequenz und Amplitude und werden üblicherweise in verschiedene Kategorien eingeteilt:
- Delta-Wellen (0,5–3 Hz): Vorherrschend im tiefen Schlaf.
- Theta-Wellen (3–8 Hz): Verbunden mit Tagträumen, Meditation und kreativen Zuständen.
- Alpha-Wellen (8–12 Hz): Auftretend in entspannten, aber wachen Zuständen, oft verbunden mit einem Gefühl der Ruhe.
- Beta-Wellen (12–30 Hz): Assoziiert mit normalem Wachbewusstsein, Konzentration und aktiver Denktätigkeit.
- Gamma-Wellen (über 30 Hz): Verbunden mit höheren kognitiven Funktionen und der Integration von Informationen.
Jede dieser Wellenarten spielt eine einzigartige Rolle in verschiedenen geistigen Zuständen und Aktivitäten. Durch Neurofeedback-Training können Individuen lernen, bestimmte Wellenmuster zu erkennen und zu beeinflussen, was zur Verbesserung kognitiver Funktionen oder zur Linderung bestimmter psychologischer Zustände führen kann.
Bitte beachten Sie, dass diese Beschreibungen natürlich nur Annäherungen sind. Einerseits ist es natürlich nicht so einfach Alpha = Entspannung und andererseits können die Parameter auch unterschiedliche Bedeutungen haben, je nachdem an welcher Stelle sie gemessen werden (siehe 10-20-System).
Technologien und Methoden im Neurofeedback
Um Neurofeedback dann wirklich in der Praxis anwenden zu können benötigt man:
- das entsprechende Equipement
- eine Methodik der man folgt
Auf beides gehe ich im Folgenden ein.
Übersicht über Neurofeedback-Geräte und -Software
Um die Daten zu erfassen, benötigen Sie ein EEG-Gerät, das ist natürlich die Grundlage für alles. Des Weiteren benötigen Sie eine Software, welche die Daten verarbeitet und darstellt. Meist werden die Rohwerte transformiert und in nutzbare Daten verarbeitet.
Welches Ausmaß diese Ausstattung annimmt, kann massiv variieren. Von kleinen 1-Kanal Geräten bis hin zu unzähligen Kanälen und riesiger Software ist da alles dabei. Da die meisten Personen, die hier lesen, wohl Praktiker sein werden, möchte ich darauf hinweisen, dass ich für die klassischen Neurofeedback-Anwendungen nicht der Meinung bin, dass die großen Geräte notwendig sind. Sehr viele Studien werden mit einem oder wenigen Kanälen durchgeführt und ich habe das mit dem Equipment ein wenig wie den Kauf von Kopfhörern wahrgenommen. Der Schritt, der dann am Ende wirklich das massive bessere Ergebnis bringen könnte, ist von Aufwand und Kosten her so massiv, dass es sich selten lohnt.
Mehr dazu aber auf der Seite der Technik.
EEG-basierte Techniken und andere Messmethoden
Bezüglich der Methodik gibt es eigentlich zwei sehr wichtige Aspekte. Die Platzierung der Elektroden nach dem 10-20 System ist eine davon.
Das 10-20-System im Neurofeedback ist ein standardisiertes Verfahren zur Platzierung der Elektroden auf der Kopfhaut. Es basiert auf der Messung der Positionen in Prozenten der Distanz zwischen anatomischen Landmarken des Kopfes. Es ermöglicht eine präzise Lokalisierung und Überwachung spezifischer Gehirnwellen-Aktivitäten.Je nachdem WO das Neurofeedback durchgeführt wird, bedeuten die Messwerte etwas anderes.
Einen Einblick in das Wo anlegen und was bedeutet es bewährte Protokolle. Das sind z.B. ein Alpha-Theta Training bei Sucht oder SMR-Training bei Epilepsie. Das würde hier aber den Rahmen sprengen, daher wird das direkt in den Anwendungsgebieten berichtet.
Anwendungsgebiete von Neurofeedback
Neurofeedback hat eine breite Palette von Anwendungen in verschiedenen Bereichen der psychischen Gesundheit, der kognitiven Leistungssteigerung und der medizinischen Therapie. Sie finden zu den meisten dieser Punkte auch einzelne Artikel mit detaillierten Informationen, hier handelt es sich nur um einen Überblick.
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung): Studien zeigen, dass Neurofeedback dabei helfen kann, die typischen Symptome von ADHS wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität zu mindern.
Lernschwierigkeiten: Bei Kindern und Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten kann Neurofeedback dazu beitragen, die Konzentration, das Gedächtnis und die allgemeine kognitive Funktion zu verbessern.
Angststörungen: Neurofeedback kann genutzt werden, um das Gehirn zu trainieren, weniger reaktiv auf Stress und Angstauslöser zu reagieren. Durch die Reduzierung der Beta-Wellen-Aktivitäten und die Förderung der Alpha-Wellen können Nutzer lernen, einen ruhigen und entspannten Geisteszustand zu erreichen.
Depression: Einige Studien deuten darauf hin, dass Neurofeedback positive Auswirkungen auf die Symptome der Depression haben kann. Indem es den Nutzern ermöglicht, Gehirnaktivität Muster, die mit Depressionen in Verbindung stehen, zu modifizieren, kann es helfen, die Stimmung zu verbessern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
Verbesserung der Konzentration und Fokussierung: Athleten nutzen Neurofeedback, um ihre Konzentration und mentale Ausdauer zu verbessern. Dies ist besonders in Sportarten wichtig, in denen eine hohe Präzision und lange Konzentration erforderlich sind, wie beim Schießsport oder Golf. Auch in der Berufswelt (z.B. bei stark konzentrationsorientierten Jobs) kann das durchgeführt werden.
Stressmanagement: Sportler stehen oft unter hohem Druck und Stress. Neurofeedback kann ihnen helfen, besser mit diesem Stress umzugehen und einen ruhigeren und fokussierten Zustand während des Wettkampfs zu erreichen.
Schnellere Erholung: Durch die Nutzung von Neurofeedback zur Förderung entspannter Gehirnwellenmuster können Athleten schneller regenerieren und ihre mentale Gesundheit verbessern.
(Eventuell) Förderung von Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten: Bestimmte Neurofeedback-Protokolle können darauf abzielen, die Gehirnwellenmuster zu verbessern, die mit kreativem Denken und innovativen Problemlösungen Ansätzen verbunden sind.
(Eventuell) Verbesserung der Führungskompetenzen: Führungskräfte nutzen Neurofeedback, um ihre Entscheidungsfindung, emotionale Intelligenz und Stressbewältigung zu verbessern, was zu effektiveren und empathischer Führungsverhalten führt.
Die Zukunft des Neurofeedback
Was Neurofeedback in Zukunft (genauso wie Biofeedback) benötigen wird, sind weitere Studien hoher Qualität und vor allem Langzeitstudien. Nur durch diesen Weg (und einiges an Arbeit) wird es hoffentlich irgendwann zur Normalität werden, diese Leistungen zu kennen und sie auch auf Kasse anzubieten.